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Auszüge aus der Rede von Außenministerin Baerbock bei der Notstandssondertagung der VN-Generalversammlung zur Ukraine, 01.03.2022

UN-Generalversammlung

Annalena Baerbock (Buendnis 90/Die Gruenen), Bundesaussenministerin, spricht vor der UN-Generalversammlung in New York, 01.03.2022. Die Vereinten Nationen kommen zusammen fuer eine Dringlichkeitssitzung aufgrund des Krieges in der Ukraine., © picture alliance / photothek | Florian Gaertner

01.03.2022 - Artikel

01.03.2022

Vor ein paar Tagen kam in einer U-Bahn-Station in Kiew ein kleines Mädchen zur Welt. Ich habe gehört, es heißt Mia. Ihre Familie musste Schutz suchen – wie Millionen anderer Menschen überall in der Ukraine. Schutz vor Bomben und Raketen, vor Panzern und Granaten. Sie leben in Angst, sie leben in Schmerz. Sie sind gezwungen, sich von ihren Liebsten zu trennen. Weil Russland einen Angriffskrieg gegen die Ukraine begonnen hat.

...Es geht um die Zukunft unserer Kinder. Es geht um eine Zukunft, die wir selbst bestimmen können. Ich stehe hier vor Ihnen als Außenministerin meines Landes, aber auch als Deutsche, die das unglaubliche Privileg hatte, in Europa in Frieden und Sicherheit aufzuwachsen. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs, nach einem grausamen Krieg begonnen von Nazi‑Deutschland, wurden vor 76 Jahren die Vereinten Nationen gegründet, um Frieden und Sicherheit zu wahren. Sie wurden gegründet, so heißt es in der Charta, „um künftige Geschlechter vor der Geißel des Krieges zu bewahren.“ Damit ist meine Generation gemeint, aber auch die Generation Mias.

...Wir stehen an einem Scheideweg. Die Gewissheiten von gestern gelten nicht mehr. Heute sind wir mit einer neuen Realität konfrontiert, die sich niemand von uns ausgesucht hat. Es ist eine Realität, die uns Präsident Putin aufgezwungen hat. Russlands Krieg ist ein Angriffskrieg. Und seine Grundlage sind infame Lügen, die Außenminister Lawrow heute im UN-Menschenrechtsrat erneut wiederholt hat. Sie sagen, Sie handeln aus Selbstverteidigung. Aber die ganze Welt hat gesehen, wie Sie über Monate zur Vorbereitung dieses Angriffs Ihre Truppen zusammengezogen haben. Sie sagen, Russland handelt, um russischsprachige Menschen vor Aggression zu schützen. Aber heute sieht die ganze Welt, wie Sie die Häuser von russischsprachigen Ukrainerinnen und Ukrainern in Charkiw bombardieren. Sie sagen, Russland schickt Friedenstruppen. Aber Ihre Panzer bringen kein Wasser, Ihre Panzer bringen keine Babynahrung, Ihre Panzer bringen keinen Frieden. Ihre Panzer bringen Tod und Zerstörung. Und in Wahrheit missbrauchen Sie Ihre Macht als ständiges Mitglied des Sicherheitsrats. Herr Lawrow, Sie können sich selbst täuschen. Aber uns täuschen Sie nicht. Unsere Völker werden Sie nicht täuschen – und auch Ihr eigenes Volk werden Sie nicht täuschen.

....Wir haben uns dafür entschieden, die Ukraine militärisch zu unterstützen – damit sie sich im Einklang mit Artikel 51 unserer Charta gegen den Aggressor verteidigen kann. Deutschland ist sich seiner historischen Verantwortung in vollem Umfang bewusst. Deshalb bekennen wir uns heute und für alle Zukunft zur Diplomatie und werden immer nach friedlichen Lösungen suchen. Aber wenn unsere friedliche Ordnung angegriffen wird, müssen wir dieser neuen Realität ins Gesicht sehen. Wir müssen verantwortungsvoll handeln. Und deshalb müssen wir heute vereint für den Frieden eintreten!

...Die Sicherheit Europas steht auf dem Spiel. Die Charta der Vereinten Nationen steht auf dem Spiel. Fast jedes Land, das hier vertreten ist, hat einen größeren, einen mächtigeren Nachbarn...

Und deswegen bitte ich Sie alle eindringlich, vereint für den Frieden einzutreten und für die eingebrachte Resolution zu stimmen...Heute müssen wir uns alle entscheiden. Zwischen Frieden und Aggression. Zwischen Gerechtigkeit und dem Willen des Stärksten. Zwischen Handeln und Wegsehen.




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